Geliebtes Weiberl!
Ich hoffe, daß Meine liebe Josephine mein Schreiben von Seshana aus, bestens erhalten hat; heute aber schreibe ich bey offener Thöre u Fenstern, den hier weiß man von Schnee noch von Kälte etwas.
Gestern Abend, um halb acht Uhr sind wir hier glücklich angekommen allwo ich wie gewöhnich beym schwarzen Adler abgestiegen. Heute um 10. Uhr war ich in der Kirche St. Just auf der Anhöhe, in welcher ich auch unsern Freund Fontana, allein hier antraf, ich fragte ihn nach seinem Weiberl, allein sein Achselzucken war mir zur stillen Antwort, nach der Kirche erzählte er mir, d[aß] Sie sich seit einigen Tagen, nicht gut befunden haben sollte, u daß Sie heute //2 noch Zuhause sey: ich gieng aus der Kirche mit ihm, allein ich konte meine aufgegebenen Grüße nicht an dieselbe ausrichten indem Sie schon in eine andere Kirche ausgegangen war, u das, mit H. Mayr. –––––––––
Unterwegs auf dem Gang zum Fontana, begegnete ich die alte Frau v. Castagnia mit Ihre zwey schönen Töchtern,267 dieselben waren heute wirklich zum Gefallen angezogen, Sie hatten nähmlich dunkelfärbige Überröck aus Daementuch, und ganz mit bunten rothen Schnüren in Kränzen nach ung[a]rischen Sitte von oben bis unten ausgenähet, welches wirklich für mich, u auch für andere Auffah[l]en gemacht u //3 wirklich muß ich gestehen, daß mir dieser Anzug noch mehr gefallen möchte, wen meine schöne geliebte Pepi, dasselbe ausfüllen möchte; wenn es auch für junge Weiberl, was ich nicht zweifle, paßend ist, so bitte ich Dich zum erstenMahl, mich in einem ähnlichen Anzug zu erfreuen. –––––
Ich speißte heute auf meinen Gasthoff mit meinen H. Reisegefährten H. v. Langer aus Mähren, der sehr ein lieber Gesselschafter ist, u wir bewohnen auch gemeinschaftlich das Zimmer No 6. Opern sind keine mehr, wohl aber Comedien, die Prima Dona wurde vor Ihrer Abreise mit einer Menge Sonetti überhäuft, und die von Ihr entzückten jungen Zuhörer und Verehren, ließen //4 am letzten Abend mehrere Tauben, Vögel etc. mit Sonetten, am Hals gebunden im Theater aus, Sie gieng von hier nach Wien, wo Sie mit 12/m für ein Jahr engagirt ist.
Gute Josephine! ich bitte Dich recht inständig mein Herzerl, ja recht gut Acht auf sich zu geben, daß Du Dich nicht überkühlst, indem ich vermuthe daß bey uns grimmiger als hier aussehen mag, laße in Kaltenbrun das gehörige durch Fende besorgen, damit Dir etwa nicht eine Fahrt dahin schaden könnte, Du weißt nicht liebe Pepinzhka, wie Dein Fidel erst in der Trenung von Dir einsieht, wie unaussprechlich tief, Du in seinem Innersten liegst. Schreibe mir mein Engerl recht recht bald, damit ich beruhiget bin, wie seiner guten edlen Josephine gehet.
Dein ewig treuer
Trieste am 8ten Xbr. halb 4 Uhr Fidelis
Nachmittags.
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