Mein guter Fidelio!
Neuhaus am 28. Juny 1828
Von dem gestrigen Tage, bin ich Dir noch eine Relation schuldig. Morgens stand ich und die Mutter, wie gewöhnlich, um 7 Uhr auf, dann frühstuckten wir, eine halbe Stunde nachhere giengen wir ins Baad, blieben eine Stunde darin, kammen heraus, blieben wieder eine halbe Stunde im Beet, machten Toilette, endlich nacht390 die Mittagszeit, und man geht zu Tisch, dieses alles geschieht an einem Tage wie an dem andern; – Der gestrige Nachmittag aber varierteè, in etwas von den gewöhnlichen. Gleich nach Tisch, spielte ich wieder Wisth, aber sehr schlecht, wie ich es schon kann, nach der Jausen gin[g]’s denn wieder ins Baad, da traf ich aber alles in einer //2 ungewöhnlich guten Laune, ich spaziere schön langsam herum, auf einmahl werde ich von drey Feinden attackirt, ich sehe mich um, es war’s die Weber [,] Gräfin Orschitz391 [et] Martinack, – ich wollte nichts schuldig bleiben, erwiedere den dreyfachen Gruß, – in einem Nu entstand Dir aber eine Batailee daß ein’s das andere vor lauter Wasser nicht sehen konnte. – Die Einen die Nahe am Ausgang waren, liefen hinaus, ich aber und die Obgenannten waren mitten im Feuer. Unsere Köpfe waren ganz naß. Zulezt kammen die Here392 en frante aufmaschirt, spriezend gegen uns, so daß wir, alle die wir da waren, auf einmahl im Eingangskämmerchen Zuflucht suchten, und wie nur eine den Kopf ins Baad zeigen wollte, wurde sie naß begrüßt. //3
Ich versichere Dich, es war ein Lärm ohne gleihe, gelacht ist worden zum sterben. Trotz des nassen Kopfes, habe ich nichts dagegen diesen Spas einmahl versucht zu haben. Geschlaffen haben wir darauf recht gut. Vormittags ist man gewöhnlich ruhig im Baade, aber Nachmittags war alles wieder so unruhig das ich richtig meinte, es werde wieder etwas absetzen, und mich fleißig am Thore hielt, um schnell entschlüpfen zu können, denn oft möchte ich nicht so naß werden. Der H. Baron v. Steger war heute kaum eine viertel Stunde im Baade, aus lauter Furcht. Es ist aber alles schön ruhig geblieben.
Diese umständliche Erzählung ist aber nur für Dich und H. Vater, weil ich weder Spässe noch sonst etwas, selbst meine Bemerkungen die ich hier mache, nicht unter andere Leute verbreitet wissen möchte, indem durch das Erzählen und wieder Erzählen, oft die Sache verändert wird, und zulezt eine //4 Klatscherey daraus entsteht, darum alles was ich schreibe, ist nur für Dich. ––
Ausser diesem Waßerspaß, ist es noch immer beym Alten hier, man kann nicht sehr fröhlich seyn, da heute schon der fünfte regnerische Tag ist.
Heute ist schon der 11. Tag daß wir hier sind, also die halbe Tour vorüber, – ich freue mich herzlich darüber, bald ist es vorüber und ich komme wieder zu Dir mein Guter. Hätte ich nicht meine gute Mutter hier, und meine lieben Freundinen, wie entsetzlich langweilich müßte es seyn, so ist es enträglicher als ich es mir vorstelte.
Genirt fühle ich mich hier nicht im mindesten, wo ich Stolz sehe, da halte ich mich hübsch fern,
sonst aber bin ich überall gerne die Zuvorkomende, auf diese Art komme ich recht gut – Es ist Abend, darum ende ich für heute. Morgen ist Sontag, wenn es nicht zu starck regnet, so kommen viele von Cilli, um sich hier zu unterhalten. Ich werde Dir Morgen wieder schreiben wie es uns ergangen ist. Ich muß Dir wohl //5 in jedem Briefe sagen, daß wir gesund sind, das wird Dich am meisten interessiren. Wollte Gott, ihr wärt es auch. Morgen wirst Du wohl für mich bethen? –––
Wir mussen schon um 5 Uhr aufstehen, und (in diesem Regen) zur Pfarre gehn, weil hier, in der Capelle keine Messe ist. Ich werde auch für meinen guten Fidelio bethen, daß er mir wohl treu und brav bleiben möchte. – –
Heute, und Gestern bekam ich kein Schreiben von Dir, ob ich wohl Morgen glücklicher seyn werde? – – – – –
Ich vermuthe daß der H. Schwiegervater in Laibach ist, berichte mir ob ich Recht vermuthe, mache mir ja ordentlich die Hausfrau, tummle nur die Miza hübsch herum, damit sie alles Nöthige besorgt. Ich küsse dem H. Vater und Schwiegervater die Hände.
Was macht Fabriotti? Ist nichts Neues in Laibach vorgefallen? //6 Was machts Du in Laibach und altenbrun? etc. etc. mit einem, berichte mir alles, was Du weißt, daß es mich interessiren könnte.
Ich habe schon einmahl gesagt, daß ich aufhöre, und nun sehe ich, daß ich weider so viel geschrieben habe.
Leb wohl, tausend und tausend mahl küßt Dich Deine Pepi.
Alles Schöne von der Mama an Dich [et] Vaterle. Gute Nacht, jezt gehe ich ins Beet, die Augen fallen mir schon zu.
Am 29.
Dein liebes Schreiben von 26. erhielt ich heute. Dieß war meine höchste Freude die ich heute und immer hatte und haben kann, ich dancke Dir herzlich dafür.
In Eile
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