Prag am 23.t Jänner 1829.
Meine theure, vielgeliebte Frau Schwester!
Schon zweimahl bin ich so glücklich gewesen von Dier Briefchen zu empfangen die ich Dir aber erst nächstens mit einer langen, langen Antwort erwiedern werde. Doch da ich heute Gelegenheit habe, ein Plat463 mehr zufügen zu können ohne das Postporto zu verdoppeln, so ist es mir ein Vergnügen wenige Zeilen in Eile an Dich zu schreiben.
Wegen dem Eischuchfahren464 sei liebe Josephine ganz unbesorgt. H. Mascher ist nicht mehr so leidenschaftlich darauf, da er durch früheres zu vieles schleifen sich einen Brustlecken zuzog, und nun daher selbes ganz aufgegeben. Auch ich habe keine Lust mehr dazu, habe daher noch gar nicht geschliefen.
Hast Du schon viel getanzt diesen Faschenk, schreibe mir doch wie Du Dich unterhälst. Ich lehrne gegenwärtig nicht mehr tanzen, da ich ohnedies volle 2 Monathe die Tanzübungen besuchte, wo ich Deusch, Galopp, Redovak, Redovatzka[,] 2 bömische nazional Tänze, Ekose, Polonais, Kegeltanz und Berliner Walzer erlehrt habe. Ich habe bei einem Hausball des H. Mascher und auf einen öffentlichen schon recht viel getanzt? Was für Tänze werden gegenwärtig in Laibach größten theils getanzt? Ihr werdet heuer wohl auch kleine Tanzunterhaltung geben, da Ihr ein großes Zimmer habt, wie leid thut es mir nicht dabei sein zu können.
Du frägst mich ob Du Dich mit einer Comision an die Fr. Haberlein verwenden könntest, ich glaube allerdiengs mittelst eines frankirten Briefes, den ich hoffe zu verlässig daß sie Dir Deine Aufträge mit Bereitwilligkeit besorgen wird.
Wie froh, wie überaus glücklich bin ich in den Bewustsein, von Dir gute Schwester wahrhaft geliebt zu werden, den in jeden Deinen werthen Briefe, giebst Du mir so deutliche Beweise davon, daß ich nun nicht mehr zweifeln kannst465, daß Du mich nicht eben so gerne hättest, wie ich Dich. //2
Dein schätzbarer H. Gemahl erwähnte mir in seinen vorletzten Zeilen, daß Ihr gesonnen wäret dieses Frühjahr eine Reise zu machen, versprach mir auch in seinen nächsten Schreiben die Reiseruthe anzuzeigen. Ich bitte ja nicht darauf zu vergessen. – Vielleicht ließe sich dieselbe auch mit der meinigen verbinden, doch nein Ihr {fahrt} und ich werde gehen. Deute mir auch Dein Gutachten an, über den Vorschlag den ich den Vatern wegen meiner zu machenden Wanderung machte. –––––––
Ich finde es zu Deiner Erheiterung und Sterstreuung466 sehr dienlich das Du die Cousine467 aus Krainburg bei Dir behälst, und freue mich schon in voraus Deine so schön geschielderte Gesellschafterinn zu sehen.
Vorgestern erhielt ich entlich einmahl ein Schreiben von Langus. Grüße ihn in meinen Nahmen wie auch seine Frau, die wahrscheinlich Ursache sein wird, daß er so lange nichts von sich hören ließ.
Nun werde ich mich der Fastenspeisen ganz abgewöhnen, den beim Mascher wird das ganze Jahr hindurch tagtäglich Fleisch gegessen, aber trotz dem kann man doch so manchesmahl fasten lehrnen.
In Prag ist faßt alle zewite Tag Feuerlärm, und meistens brent es in Fabriken in welchen sich die Dampfmaschinen befinden, welche, wie gesagt wird, größten theils von so vielen Tausenden durch diese Maschinen Brodlosgewordenen Menschen, angelegt werden.
Du wirst Dich über mein garstiges Gekritzel wundern, doch meine Fenster sind von Frost ganz kristalisirt, daher es mir auch beim Schreiben zu kalt in den Fingern wird. Wenn ich sehen würde, daß es meiner Gesundheit nicht dienlich wäre, und ich bei Nacht nicht so gut schlaffen würde, so hätte ich mir schon um mein eigenes Geld einheitzen lassen.
Dich und den H. Fidelio vielmahls in Gedanken küssend bleibe ich ewig
Dein
aufrichtiger Bruder
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